Dienstag, April 22, 2008

Gentech-Lebensmittel und deren Beschriftung

An Lars Fischers dreiteiliger Reihe Bedrohung Gen-Food? (Teil 1, 2 und 3) hatte ich eigentlich nur auszusetzen, dass man mögliche Risiken der Grünen Gentechnik nicht für sich alleine betrachten darf, sondern sie in Beziehung mit den Problemen der herkömmlichen Landwirtschaft setzen muss. Eine ähnliche Meinung habe ich jetzt auch auf dem recht neuen Blog Tomorow's Table von Pamela Ronald gefunden. Sie ist Professorin für Pflanzenpathologie an der University of California, Davis, und Coautorin des gleichnamigen Buchs, Tomorrow's Table, das im Juni erscheint.
Sie macht das aber anders als gewohnt nicht am Anbau fest, sondern an der geforderten Etikettierung von Lebensmitteln, die gentechnisch veränderte Anteile enthalten. Da ein allgemeiner Warnhinweis keine wirkliche Information für den Verbraucher bringt, sondern eher die in den Medien geförderte Unsicherheit gegenüber Gentechnologie bedient, wären wohl spezifische Warnungen sinnvoller.
Doch das hätte laut Pamela Ronald auch die Beschriftung von konventionell angebauten und sogar von Bio-Lebensmitteln zur Folge. Eben wegen der immer wieder unterschlagenen Probleme mit diesen Anbaumethoden. Würden solche Etikettierungen eingeführt werden, dann könnten sie folgendermaßen aussehen (übersetzt aus dem Post von Pamela Ronald):
Könnte Spuren von Bt-Protein enthalten, das Lepidoptera (eine Klasse von Insekten) tötet.

Dieser Beschriftung, die für die meisten zur Zeit eingesetzten transgenen Nutzpflanzen (allen voran der Bt-Mais) gültig wäre, sind dann aber entsprechende Sätze für konventionell angebaute Nutzpflanzen gegenüberzustellen.
Könnte Spuren von Carbamat-Pestiziden enthalten, die in hohen Konzentrationen zum Tod von Tieren führen.

Oder, um ein Beispiel für die Etikettierung von Bio-Lebensmitteln zu nennen:
Könnte große Mengen RNA und Protein des Papaya Ringspot Virus enthalten.

Das ist ein besonders gutes Beispiel - PRV befällt einige Nutzpflanzen, vor allem Papaya, und führt an den befallenen Pflanzen zu Schäden von Blättern und Früchten, was mit starken Ernteeinbußen verbunden ist. Das Virus ist aber für den Menschen völlig ungefährlich. Doch mal ehrlich: Wie viele Verbraucher würde so gekennzeichnete Bio-Papayas noch kaufen? Genauso wenige, wie eine gentechnisch veränderte Papayasorte kaufen würde, die gegenüber PRV resistent ist. Und zwar aus dem gleichen Grund: Unwissen über die Hintergründe und einer daraus resultierenden diffusen Angst.
Und diese Angst wird sich mit Etiketten in Legal-Deutsch sicher nicht bekämpfen lassen, mit einer verbesserten Aufklärung der Leute aber schon. Ein erster Schritt in diese Richtung wäre, wenn die Medien nicht mehr so einseitig über Grüne Gentechnik berichten würden, wie sie das zur Zeit tun. Oder hat irgendwer außerhalb von Spezialforen wie Nature Biotechnology (kostenpflichtiger Zugang) oder Biosicherheit.de etwas über die ökonomischen Vorteile von Bt-Mais gelesen? Ne schöne Zusammenfassung darüber hat übrigens auch Lars Fischer auf seinem zweiten Blog Abgefischt geschrieben, womit sich der Kreis schließt.

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Ich habe übrigens von Karl Mogel von The Inoculated Mind erfahren, dass Pamela Ronald ihr Buch Tomorrow's Table zusammen mit ihrem Mann Raoul Adamchak geschrieben hat, der selbst Öko-Landwirt ist. Eine Gentech-Befürworterin und ein Öko-Landwirt, und das soll funktionieren? Überraschend gut sogar, denn genau darum geht es wohl in dem Buch - die Verbindung von Grüner Gentechnik mit Öko-Anbaumethoden zur Ernährung der immer weiter wachsenden Weltbevölkerung, auch auf unwirtlichem Boden. Das Buch wird natürlich von mir gelesen, sobald es erhältlich ist!

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