Freitag, Januar 09, 2009

Gehirn einschalten hilft, auch im Labor

Für viele Routinearbeiten im molekularbiologischen Labor gibt es heute von vielen Herstellern Kits. Du musst DNA isolieren? Kein Problem, mach die Schachtel auf, nimm ein paar kleine Plastikdinger, dann soviel Lösung X drauf, abzentrifugieren, Lösung Y drauf, fertig. Das hat gegenüber der alten Methode, alles selbst zu machen, natürlich Vorteile:
Die Ergebnisse sind in der Regel reproduzierbarer, man muss nicht mehr mit gefährlichen Chemikalien wie Chloroform oder Phenol hantieren, man ist auch schneller fertig.
Das Problem dabei: Gerade weil man nicht mehr selbst mit Chemikalien arbeitet, sondern nur noch fertige Lösungen mit nichtssagenden Namen benutzt, kennen viele Leute nicht die hinter dem Kit stehende Chemie. Es wird halt einfach nach Vorschrift vorgegangen. Ein zweiter Nebeneffekt der Kits ist die geringere Ausbeute. Ein schönes Beispiel dazu ist mir auf Next Generation Sequencing untergekommen:
In the new issue of Biotechniques, a paper by Maricic and Pääbo (login may be required) describes how a change to the standard 454 sequencing protocol can dramatically increase the size of the library of DNA that goes into the actual sequencing reaction.

The trick used is to replace the last step in the library preparation where single stranded DNA is released from streptavidin beads. The original 454 protocol employes NaOH denaturation for this step, but the researchers found that this procedure results in a loss of over 99% of the DNA. However, When they replaced the NaOH denaturation with a heat denaturation by incubation recovery increased to 98%.

These authors are coming from the ancient DNA community and have an obvious motivation for optimizing the DNA retrieval from scarce ancient biological material. However, these findings are equally important to other applications aimed at sequencing small volumes of biological material such as tumors and within-host sub-populations of pathogens.
(Hervorhebung von mir.)

Wow. Ich bin ja gewohnt, nach einer DNA Aufreinigung nur ca. 50% hinten rauszubekommen, aber >99% Verlust? Ich bin sprachlos. 454 gehört zu Roche, und da arbeitet keiner der bezahlt wird, ein Verfahren zu optimieren bevor es auf Kunden losgelassen wird? Ich frage mich gerade, wie viele Leute wohl Geld für fehlgeschlagene 454-Sequenzierungen ausgegeben haben, und der Grund war nur ein Problem mit der Präparation der DNA statt mit der wissenschaftlichen Fragestellung.


Maricic T und Pääbo S (2009): Optimization of 454 sequencing library preparation from small amounts of DNA permits sequence determination of both DNA strands. BioTechniques 46(1):51-57.


(Eigentlich wollte ich gestern abend ja die Paperbesprechung posten, dann habe ich aber ein tolles Rezept für Erdnussbutter-Schoko-Brownies gefunden, das ich lieber austesten wollte. Deshalb kriegt ihr erstmal nur diesen kurzen Post.)

7 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Oft weiss man ja nicht einmal genau, was jetzt in den Fertiglösungen drin ist... Da muss man dann einfach dran glauben, dass der Hersteller das richtig macht. Was ja offensichtlich nicht immer der Fall ist...

Anonym hat gesagt…

Spannender Beitrag :) Auch von mir ein kleiner Lesetipp zum Thema ästhetische Zahnheilkunde:Implantologie Blankenese

Argent23 hat gesagt…

@dvizard: Stimmt, die ganzen Puffer und Lösungen sind ein wichtiges finanzielles Standbein der Hersteller.
Es gibt aber auch Wege, an die Zusammensetzungen zu kommen und die Puffer nachzubauen. Vorbildlich ist da etwa Qiagen, die soweit ich das sehen kann die Rezepte aller ihrer Puffer in den FAQs angeben. Eine sehr gute Quelle für solche Infos ist auch OpenWetWare!

Anonym hat gesagt…

Erdnussbutter-Schoko-Brownies? Auch Rezept haben wollen ;-(

Argent23 hat gesagt…

Nichts leichter als das - zusammen mit jeder Menge anderer Brownie-Rezepte (die ich aber noch nicht ausprobiert habe) ist auf dieser Seite auch das Rezept mit den Peanut Butter Chocolate Brownies!

derele hat gesagt…

Danke! Das ist mal etwas was ich sofort brauchen kann: Wenn ich das nächste mal mit der TA, die meine Proben bearbeitet rede werd ich sie mal fragen, wie sie das macht...
...ich glaube zwar fast, dass das alles hier sehr optimiert ablaeuft, aber ne Frage ist das mal wert.

Vor lauter Popgen vernachlässige ich in letzter Zeit etwas die Sequenzier-Paper.

Großartig mal so nen direkten praktischen Nutzen aus nem Blogpost...

Argent23 hat gesagt…

Stimmt, du machst ja 454! Na da bin ich mal gespannt...