Donnerstag, November 13, 2008

IBMP recap #1: DNA recombination

Mit mehr Verspätung als geplant fange ich also endlich mit der Zusammenfassung der Vorträge vom diesjährigen IBMP-Kolloquium "Integrative Plant Biology" an.

In der ersten Session ging es um DNA-Rekombination, also den Prozess, der Sequenzen zwischen zwei DNA-Molekülen austauscht. Einer der Sprecher war mein Chef, Holger Puchta, und über unsere Arbeiten werde ich demnächst sowieso noch schreiben, also spar ich mir das hier.

Der zweite Vortrag war von Barbara Hohn und befasste sich mit dem Einfluss der Umwelt auf die Genomdynamik, also all die vielen Prozesse, die den Zustand der DNA im Zellkern auf eine globale Weise regulieren. Klassischerweise sieht man den Einfluss der Umwelt auf die Evolution während der Selektion der Nachkommen. Nach den Ergebnissen von Barbara Hohn kann die Natur aber schon während dem Leben der Eltern auf vielfältige Weise die Rekombinationsrate beeinflussen, und dadurch eben auch neue Genkombinationen für die Evolution erzeugen.
Zur Messung der Rekombinationsrate wurden in ihrer Gruppe mehrere Reporterlinien erzeugt, die wir bei uns auch verwenden. Während aber wir mit diesen Reporterlinien die Rekombinationsrate zwischen Wildtyp und verschiedenen knockout-Mutanten vergleichen, um Gene finden zu können, die in die Rekombination involviert sind, will Barbara Hohn äußere Einflussfaktoren der Rekombination bestimmen.

Und davon gibt es jede Menge, die auch recht interessant sind: Ozon blockt UV-Strahlen, die in die Atmosphäre eindringen. Die Dosis UV-Strahlung, die ein Organismus abkriegt, hängt demnach von der Menge an Ozon in der Atmosphäre, und von dessen Höhe ab (mehr UV auf dem Berg als im Tal). Erhöhte UV-B Strahlung resultiert jedoch in einer erhöhten Rekombinationsrate.
Auch ein Pathogenbefall führt zu mehr Rekombination. Hier konnte außerdem gezeigt werden, dass es ein Signal geben muss, das die Rekombinationsrate hochreguliert. Wenn man beispielsweise ein Tabakblatt mit dem Tabakmosaikvirus infiziert, dann breitet dieses sich über Stunden bis Tage in der restlichen Pflanze aus, und man kann die Ausbreitung visuell mitverfolgen. Die Rekombinationsrate ist nicht nur im infizierten Gewebe erhöht, sondern immer auch in benachbarten Geweben, die nicht infiziert sind - es muss also ein Signal geben, das durch die Pflanze transportiert wird (schneller als das Virus), und die restlichen Zellen schon mal "vorwarnt".
Logisch erscheint eigentlich, dass ionisierende Strahlung, die Brüche in der DNA hervorruft, zu einer Erhöhung der Rekombinationsrate führt. Es ist jedoch richtig clever, wie dies mit den Reporterlinien von Barbara Hohn genutzt wird: Sie dienen nämlich in den Gebieten um Tschernobyl als Biomarker für die Strahlung aus der kontaminierten Erde. Die Reporterlinien sind nämlich so sensitiv, dass man sehr gut über die unterschiedlichen Rekombinationsraten an verschiedenen Orten auf die Hintergrundstrahlung vor Ort schließen kann.
Bis zum Schluss habe ich mir die meiner Meinung nach interessanteste Beobachtung von Barbara Hohns Forschung aufgehoben. Pflanzen haben eine "Erinnerung" an Stressfaktoren über mehrere Generationen hinweg! Dies wurde eher durch Zufall entdeckt. Bestrahlt man die Reporterlinien mit UV-B Strahlung, führt dies zu einer Erhöhung der Rekombinationsrate, wie ich oben ja schon beschrieben habe. Man findet jedoch auch eine erhöhte Rekombinationsrate in mehreren Generationen von Nachkommen dieser bestrahlten Pflanzen, die selbst nie bestrahlt wurden! Dieser Effekt ist auch mit anderen Induktoren der Rekombination reproduzierbar. Noch besser - auch wenn nur ein Elternteil mit UV-B bestrahlt wird, und nur ein Elternteil das Reporterkonstrukt trägt, haben die Nachkommen in allen möglichen Kombinationen dieser Zustände erhöhte Rekombinationsraten. Es ist bis jetzt noch nicht klar, was zu diesem Effekt führt. Die wahrscheinlichste Erklärung ist ein epigenetischer Effekt. Es handelt sich also nicht um Mutationen oder ähnliche Veränderungen der DNA-Sequenz, sondern Veränderungen der DNA-Struktur, die Bereiche zugänglicher oder weniger zugänglich für Prozesse wie die Rekombination machen. Ein ähnlicher Effekt konnte auch in Mäusen beschrieben werden, er scheint also auch in Tieren eine Rolle zu spielen.

Damit ist die erste Session abgeschlossen, im nächsten Teil geht es um Signalwege mit einer Rolle in Entwicklung und Pathogenabwehr.


Jean Molinier, Gerhard Ries, Cyril Zipfel, Barbara Hohn (2006). Transgeneration memory of stress in plants Nature, 442 (7106), 1046-1049 DOI: 10.1038/nature05022
R C Barber, P Hickenbotham, T Hatch, D Kelly, N Topchiy, G M Almeida, G D D Jones, G E Johnson, J M Parry, K Rothkamm, Y E Dubrova (2006). Radiation-induced transgenerational alterations in genome stability and DNA damage Oncogene, 25 (56), 7336-7342 DOI: 10.1038/sj.onc.1209723

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